AN DER HOFFNUNG FESTHALTEN: KHADERS GESCHICHTE

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Als Khader sich auf den Weg zur Schule macht, ist es noch früh morgens in Beit Hanoun. Draussen wird er von einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern der nahegelegenen Grundschule, mit der Khader zusammenarbeitet, begrüsst. Ein junges Mädchen mit Down-Syndrom kommt aus der Menge der Kinder hervor und nimmt seine Hand. Khader führt die Kinder zur Schule, scherzt und singt mit ihnen, und sorgt so für einen stimmungsvollen Einstieg in den Tag.

Khader arbeitet als ausgebildeter Trainer von Right To Play an lokalen Schulen und mit Gemeindeorganisationen, um die Kinder von Beit Hanoun in ihren schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen. Das an der nordöstlichen Grenze des Gazastreifens gelegene Beit Hanoun wurde in den letzten Jahren stark von der Gewalt getroffen. In der Stadt leben viele Flüchtlinge, und es herrscht grosse Armut. Die Kinder sind auf Trainer wie Khader angewiesen; sie bieten ihnen nicht nur spannende Freizeitbeschäftigungen, sondern kultivieren dadurch den Nährboden für mehr Hoffnung.

"ICH MÖCHTE IM LEBEN DER KINDER EIN POSITIVES ZEICHEN HINTERLASSEN. ICH HABE IMMER GESAGT, DASS ICH DIE HÄLFTE MEINES LEBENS DAFÜR GEBEN WÜRDE, EIN WEINENDES KIND ZUM LÄCHELN ZU BRINGEN." - KHADER, TRAINER


AN EINEM DER RAUESTEN ORTE DER WELT AUFWACHSEN

Khader wurde 1996 geboren, nur einige wenige Jahre vor der zweiten Intifada, und wuchs somit in einer der turbulentesten Zeiten am Gazastreifen auf. Seine Heimatstadt, Beit Hanoun, wurde über 20 Jahre belagert, beschossen, und war geprägt von unzähligen Gräueltaten, da ihre Grenzlage sie zu einem Schlachtfeld zwischen der Hamas und Israel machte. In einem solchen Umfeld aufzuwachsen ist hart. Viele Kinder ziehen sich zurück, wollen nicht auffallen, und lernen, keine grossen Hoffnungen zu hegen.

Khader selbst trug kaum Hoffnung in sich, aber mit dem letzten Funken konzentrierte er sich auf sein grosses Ziel, eines Tages die Universität abzuschliessen. Trotz der grossen Armut im Gazastreifen, ist die dortige Immatrikulationsquote eine der höchsten weltweit (46%). Für viele junge Menschen ist die Universität eine Chance, etwas über die Aussenwelt zu erfahren, die sie nicht kennen. Durch harte Arbeit verwirklichte Khader 2017 seinen Traum und machte seinen Abschluss in Sozialwissenschaften.

"Ich habe hart dafür gearbeitet, um an der Universität studieren zu können und mir damit eine lebenswerte Zukunft in Gaza aufzubauen. Aber mein Diplom war lediglich nur ein Blatt Papier und mir wurde schnell bewusst, dass ich nun einen Weg finden musste, das mir angeeignete Wissen, auch sinnvoll umzusetzen", sagt er.

"ICH HABE HART DAFÜR GEARBEITET, UM AN DER UNIVERSITÄT STUDIEREN ZU KÖNNEN UND MIR DAMIT EINE LEBENSWERTE ZUKUNFT IN GAZA AUFZUBAUEN." KHADER, TRAINER

Mehr als die Hälfte der Hochschulabsolvent*innen in Gaza sind arbeitslos. Nachdem die Freude über seinen erfolgreichen Abschluss verflogen war, kehrte Khader also nach Hause zurück, erneut unsicher über seine Zukunft. Über Freunde erfuhr er dann von Right To Play und deren Zusammenarbeit mit einer lokalen Organisation in Beit Hanoun um Kindern vor Ort zu helfen. Durch das Programm von Right To Play sollten lokale Trainer ausgebildet werden, um auf spielerische Art und Weise die psychische Gesundheit sowie die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern zu fördern. Khader war sehr begeistert von der Idee und nahm – auch auf den Rat seines Cousins hin, der bereits Coach war – an einem Trainingsprogramm von Right To Play teil.

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ALLEN KINDERN EINE CHANCE ZUM SPIELEN GEBEN

Eine der Auswirkungen von Gewalt und Armut in der Stadt Beit Hanoun ist, dass es für die Kinder kaum sichere Orte zum Spielen gibt. Deshalb stellte Khader den Vorgarten des Hauses seiner Familie als Spielplatz zur Verfügung. Die Schülerinnen und Schüler versammelten sich nach der Schule vor seinem Haus, und die Nachbarsmütter brachten ihre Kinder zu ihm, um sicherzugehen, dass ihre Kinder nichts verpassten.

Khader und seine Trainerkolleg*innen führten die Kinder durch Mannschaftsspiele, bei denen sie lernten, zusammenzuarbeiten und zu kommunizieren, und die ihnen halfen, sich vom Alltag abzulenken. Nach jedem Spiel besprachen die Kinder und die Trainer, was sie gelernt hatten und wie sie das Gelernte auf ihr Leben anwenden konnten. Die Treffen wurden in der Umgebung unter dem Namen "Spielen, während die Mama kocht" bekannt.

Eine der wichtigsten Entwicklungen, die Khader und die anderen Trainer des Programms vorantrieben, war die Förderung der Inklusion, insbesondere für Kinder mit Behinderungen. Nur etwas mehr als ein Drittel aller behinderten Kinder im Gazastreifen geht zur Schule, und weniger als die Hälfte erhält eine reguläre Ausbildung. Khaders Programm hingegen stand allen Kindern offen, und er bemühte sich aktiv darum, Kinder mit Behinderungen in das Spielen und Lernen zu integrieren.

"Ich erinnere mich an ein Mädchen namens 'Aisha' mit Down-Syndrom. Sie war jeden Tag so aufgeregt wenn sie zu uns kam. Wir haben immer dafür gesorgt, dass sie an den Spielen, die wir gemeinsam spielten, teilnehmen konnte. Ich war so stolz darauf, wie glücklich sie jedes Mal war, wenn sie zu uns kam", erinnert sich Khader.


AUSBAUEN, UM NOCH MEHR KINDERN ZU HELFEN

Das Programm war so erfolgreich, dass der Vorgarten von Khader im Jahr 2018 zu klein wurde. Also kontaktierten Khader und die anderen Trainer und Trainerinnen Schulen und Gemeindeorganisationen, um gemeinsam mit Right To Play größere Veranstaltungen für die Kinder in Beit Hanoun durchführen zu können. Diese Art von Partnerschaft ist in den Palästinensischen Gebieten sehr üblich, zumal die Möglichkeiten begrenzt sind und die Organisationen dadurch eine Zusammenarbeitskultur pflegen.

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Es dauerte nicht lange, und Khader leitete ein Sommercamp, half bei der Organisation eines Kulturfestivals für 1.500 Kinder und rief eine Reihe von Spieltagen an lokalen Schulen ins Leben - eine Gelegenheit für Schülerinnen und Schülen miteinander neue Kontakte zu knüpfen und einen ganzen Tag lang an Spielen und Aktivitäten teilzunehmen.

"Ich möchte im Leben der Kinder einen positiven Eindruck hinterlassen. Ich habe immer gesagt, dass ich die Hälfte meines Lebens dafür geben würde, ein weinendes Kind zum Lachen zu bringen", sagt Khader.

Die Arbeit eines Trainers wie Khader ist oft der schönste Teil des Tages eines Kindes, aber auch für Khader ist sie ein Höhepunkt. Er liebt es, mit Kindern zu arbeiten und ihnen dabei zu helfen, die gleichen Herausforderungen zu meistern, die auch er als Kind zu bewältigen hatte. Nach dem Spiel wird oft über die Zukunftsträume der Kinder gesprochen, und es sind ihre lächelnden Gesichter und das Gefühl der neu gewonnenen Hoffnung, die Khader motivieren.

"Als ich jünger war, musste ich lernen, die Hindernisse in meinem Leben selbst zu überwinden, und ich bin froh, dass ich dieses Wissen an die Kinder weitergeben und ihnen helfen kann, mit denselben Problemen leichter fertig zu werden", sagt er.